Die Wurzeln der Erhardkirche in der Breitenau reichen weit in mittelalterliche Zeit zurück. Wahrscheinlich zunächst in romanischer Gestalt auf einem Felsvorsprung über einer Heilquelle errichtet, wurde sie in der Gotik ausgebaut und in der Barockzeit nach neuerlichen Erweiterungen mit einer prächtigen Einrichtung versehen.
Mit sparsamen Mitteln hat die in Bruck an der Mur geborene Künstlerin Sabina Hörtner in einer sensiblen, in Jahrhunderten gewachsenen organischen Raumsituation ein neues liturgisches Zentrum nach den Erfordernissen der Liturgiekonstitution des II. Vatikanischen Konzils geschaffen.
Die Künstlerin, die schon wiederholt durch ihre reduziert-einfachen, aber wohldurchdachten und deswegen nie simplen Rauminterventionen in internationalen Kontexten auf sich aufmerksam machen konnte, war spontan fasziniert von der Leuchtkraft der gotischen Glasmalereien im Presbyterium der Kirche. So filterte sie aus dem Überschwang der Formen, dem prachtvollen Miteinander eines gotischen Raumes mit barocker Einrichtung und mittelalterlichen Glasfenstern, behutsam zwei Elemente heraus: Farbe und Licht.
Farbbänder in den liturgischen Farben des Kirchenjahres werden appliziert auf Glas durch natürliches Licht zum Leuchten gebracht; Altar und Ambo sind autonome kubische Skulpturen, die aber in eine subtile Zwiesprache mit dem historischen Kirchenraum und seiner Einrichtung treten. Die Künstlerin strebte vor allem Transparenz und Leichtigkeit in ihren zu einem vorhandenen organischen Konglomerat an Farben, Formen und Materialien hinzutretenden Raumskulpturen an. Im Sockel aus Nussholz, der das Material des barocken Gestühls aufnimmt, ist sichtbar hinter Glas das Reliquiar eingelassen. Durch einfühlsame Proportionierung und Positionierung von Altar, Ambo und Sessio konnte auch die nicht in der Längsachse platzierte barocke Erhardisäule ohne Veränderung ins neue liturgische Zentrum behutsam integriert werden.
Im Miteinander der Farben des Kirchenjahres schreibt Sabina Hörtner die liturgischen Orte in das Kontinuum des Zeitkaufes ein Die Farbstreifen zeigen aber nicht nur nebeneinander und Abfolge, sondern im Überkreuzen der Farbbänder an der Oberseite der Kuben auch Verdichtung und Konzentration. In der Kreuzstruktur und im Zeichen des Kreuzes, das hier anklingt, zeigt sich für die, die es im Glauben zu fassen vermögen, das Geheimnis der Schöpfung, in die das Kreuz von Anfang an eingeschrieben ist: am Tisch des Wortes als Verweis auf den präexistenten Logos, Gottes Schöpferwort, in dem sich vor jedem menschlichen Sprechen Gottes Liebe zum Schöpfungsganzen erwiesen hat, und am Tisch des Brotes, wo sich im gemeinsamen Mahl die am Holz des Kreuzes entäußerte Liebe vergegenwärtigt. Altar und Ambo werden so zu Zeichen von tiefgründiger, leuchtender Heiterkeit in einem Kirchenraum, der in den Glasmalereien, den Altarbildern und Statuen die Glaubensgeschichte von Jahrhunderten abbildet.