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Sabina Hörtner

Überlegungen waren:
Eine unverwechselbare, nur für diesen Ort mit den speziellen historischen Zusammenhängen geltende, klare Gestaltung zu schaffen. Klar in der Formensprache und klar im Inhalt.
Die Intervention soll auch die Größe und das Gewicht des Themas an sich spürbar machen und aus einer räumlichen Distanz wahrnehmbar sein.

Dieses Konzept ist das Resultat einer Auseinandersetzung mit Verlust bzw. die Verdeutlichung von fehlender Materie an diesem speziellen Ort der ehemaligen Synagoge Turnergasse.
All die Verbrechen und Verluste, die das unsagbar brutale System des Nationalsozialismus zu verantworten hat, sind nicht zu fassen und schwer in Form zu bringen.
Die Nachhaltigkeit dieser Zeit und Bedeutung für uns alle muss aber gegenwärtig bleiben und verlangt klare Positionen und Statements.

Was hier fehlt, fehlt überall.

Die Wahl der Materialien, sowie die formalen Entscheidungen resultieren aus genau diesen Überlegungen. Die Säule, welche den zentralen Punkt der Gestaltung einnimmt, ist aus Stahlrohr, einem sehr schwer zu vandalisierenden Material.
Die Position der Stange entspricht der Position der nun fehlenden Kuppel und mündet in einem aufgesetzten Bauteil: Diese so genannte ‚Laterne’ mit aufgesetztem Spitz als nun höchster Punkt in der Umgebung ist dem Kuppelaufsatz des zerstörten Turnertempels in Form und Dimension nachempfunden.
Die aufgesetzte Nachbildung mit einer innen, im Dach der ‚Laterne’ integrierten Außenraumleuchte beleuchtet den ‚Innenraum’ der reflektierenden Edelstahlkonstruktion.

Diese setzt einen weithin sichtbaren Markierungspunkt und hebt die Intervention aus der unmittelbaren Umgebung heraus in eine größere Dimension.
Die Stange in ihrer starken und unbeweglichen Materialität ragt aus einem 8-eckigen Feld, gefüllt mit beweglichen und locker angeordneten Kieselsteinen.
Der symbolische Hintergrund der Kieselsteine (für das Nicht-Vergessen Verstorbener, deren Andenken und die Ewigkeit) vermittelt unsere persönliche Betroffenheit und Anteilnahme, die unzähligen bekannten und unbekannten Schicksale betreffend.

Der kreuzende Verlauf der Holzstege nimmt das Zeichen X für das rasche und rigorose Weg – oder Ausstreichen auf, welches hier wie an vielen anderen Grundrissen brutal in dieser Zeit praktiziert wurde.
Diese Stege überlagern eine Vegetationsschicht aus verschiedenen Wildstauden in unterschiedlichen Wuchshöhen und Farbtönen. Die Wasserversorgung der Bepflanzung ist gewährleistet.
Auf Punktfundamenten gelagerte Stege geben die Möglichkeit Abstand zu dem Tatbestand und inhaltlichen Raum zu nehmen, der hier zum Teil unaufgearbeitet verschüttelt liegt.
Sie erhalten außerdem den vorhandenen Wurzelraum der sehr gesunden Linden.

Holz, hier Robinie als lebendiges, natürlich gewachsenes Material mit zukünftiger Patina, verweist im Gegensatz zum Standhaften, Beständigen der Säule auf Zeitliches, auf langsam wirkende Dynamik.
Es ist unsere Verantwortung, die Zeit und ihre Zeichen wahrzunehmen.

In der Nacht ist die 1,50 cm hohe und 41 Meter lange, das Grundstück begrenzende Mauer und somit der Platz von einem an der oberen Mauerkante verlaufenden abgedeckten, indirekten Lichtband beleuchtet, welches am oberen Rand unter der Mauerabdeckung verläuft. Die Mauer als Lichtquelle.
Der hellgraue Schriftzug entlang der weißen Mauer ist auf Grund seiner großen Dimension und ‚versunkenen’ oder teilweise durch die niedere Bepflanzung verdeckten Platzierung nicht auf den ersten Blick lesbar und dadurch vorerst abstrakt. Erst durch konkretes Interesse wird das Wort Synagoge sichtbar und gibt unmissverständlich Auskunft über das ehemalige religiöse, jüdische Zentrum in der Turnergasse.